Hut ab- wer sich über Rasenalternativen Gedanken macht, zeigt nicht nur Neugierde, sondern auch Weitsicht.
Das stoppelige Grün hat einerseits etwas stattliches und ist im Garten auf jeden Fall besser als eine versiegelte Fläche oder ein Schotterplatz, der nicht bewachsen ist. Reiner Zierrasen ist jedoch auch etwas eintönig, bietet wenig Vielfalt und ist den immer häufiger werdenden Hitzesommern nicht gewachsen.
Sich über braune, vertrocknete Stellen im Garten zu ärgern oder alternativ kannenweise giessen zu müssen, ist unnötig. Das geht besser. Doch was eignet sich in welcher Situation? Zeigen wir hier!
Rasengräser sind Flachwurzler und gehen maximal 15 cm in den Boden. Deshalb lässt sich Rasen so gut als Rollrasen verlegen, da es einfach nichts gibt, was in die Tiefe geht. So ist es nicht verwunderlich, dass Rasen sehr schnell austrocknet und einiges an Pflege benötigt. Er muss regelmässig geschnitten und auch oft gedüngt werden, da die Nährstoffe im Boden nicht in verfügbarer Nähe sind. Das verschleudert nicht nur Ressourcen, sondern auch Zeit.
Die meisten Wildblumen haben viel tiefergehende Wurzeln. Sie sind an harte Bedingungen angepasst und wissen, wie sie sich holen können, was sie brauchen. Wer schon einmal eine Löwenzahnwurzel ausgegraben hat, weiss, was gemeint ist (kann man übrigens für leckeren Löwenzahnkaffee verwenden). Gerade in Dürrejahren sind Kräuter und Wildblumen viel überlebensfähiger. Auch das Vertikutieren und Unkrautjäten fällt weg.
Ein weiterer Vorteil ist die Vielfalt: Kommen nicht nur Gräser vor, können viel mehr Insekten von den Pflanzen profitieren – als Nahrung, Schutz, Überwinterungsmöglichkeit oder als Kinderstube. Eine diverse Fläche ist automatisch auch besser gegen Schädlinge geschützt. Oft ist eine Pflanze in der Nähe, die dem Schädling gar nicht passt, oder seine Futterpflanze ist nicht in so grosser Anzahl vorhanden, dass er sich richtig breitmachen kann. Das wirkt bereits als erste Massnahme, den Schädling auszubremsen.
Die meisten Schädlinge empfinden wir erst als solche, wenn der Befall zu gross ist. Einzeln oder in kleiner Anzahl sind sie einfach nur Teil des Systems und fallen kaum auf. Sie haben ihren ganz eigenen Nutzen, dienen zum Beispiel als Adulte als Bestäuber oder sind eine Nahrungsquelle für Vögel, Insekten, Fledermäuse oder Igel.
Wie im übrigen Garten kann eine grössere Rasenfläche in verschiedene Bereiche unterteilt werden, abhängig davon, wofür sie genutzt werden soll.
Welcher Platz wird oft begangen, darauf gespielt oder eine Hängematte gespannt? Wo sucht man eher etwas fürs Auge, und soll es einfach schön grün und bodendeckend sein, oder darf es auch etwas wilder spriessen? Gibt es vielleicht sogar einen etwas versteckteren Ort, den man ganz der Tierwelt zur Verfügung stellen möchte?
Der Fokus dieser Seite liegt auf den Alternativen, die dem Rasen möglichst ähnlich sind und eine gleiche Benutzung zulassen. Der Vollständigkeit halber wollen wir hier aber auch einige Ideen aufzeigen, was man mit «vorig Platz» sonst noch so anstellen kann, und die ebenfalls zu einem biodiversen Garten führen.
Hier gehts zu Bienenweide, Nistplätzen, und guten Verstecken
Im Garten muss Platz für einen Handstand sein! Finden manche. Wer schon einmal einen Handstand auf einer hohen Wiese gemacht hat, weiss, das kitzelt zu sehr in der Nase. Auch für Gartentisch oder Hängematte ist es praktischer, wenn der Bewuchs darunter nicht allzu hoch ist. Gleiches gilt natürlich fürs Federballspielen. Und praktisch soll der Garten ja auch sein, schliesslich nutzt man ihn gerne als verlängertes Wohnzimmer.
Hier kommt der Blumen- oder Kräuterrasen ins Spiel; einige Beispiele sind hier aufgeführt, von duftenden bis zu winterharten Alternativen ist alles dabei.
Die aufgezeigten Pflanzen können auch in Kombination miteinander oder neben (Rasen‑)Gräsern angepflanzt werden. Auch bei den Gräsern gibt es blühende Sorten. Für Mischungen von Gräsern und Kräutern beachten, was gut nebeneinander wachsen kann. Und nach Möglichkeit schauen, dass die ganze Saison über etwas blüht. Je höher der Gräseranteil, desto trittfester. Und je höher der Kräuteranteil, desto bienenfreundlicher und hitzefester.
| Pflanze | Merkmale | Blütenfarbe und Blühzeit | Besonderheit |
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Feldthymian, Sandthymian (Thymus serpyllum) |
Aromatisch duftende Blüten mit viel Nektar. Der Feldthymian breitet sich schnell aus und schafft einen dichten Teppich. Immergrüne Blätter und ein betörender Duft. | rosa bis malvenfarbig, zwischen Juli und August |
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| Wollthymian (Thymus praecox var. pseudolanuginosus) | Wolliges, grau-grünes Laub mit sehr flachem Wuchs, eher wenig blühend. | rosa, von Juni bis Juli |
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| Teppichverbene (Phyla nodiflora) | Wächst schnell und schliesst Lücken, ist gut begehbar und kommt auch mit Nässe gut klar. Teppichverbene ist frostresistent, ihr Laub kann allerdings im Winter braun werden. Nicht in Mitteleuropa heimisch. Sehr hartnäckig zu entfernen. | weiss-violett, von Mai bis Oktober |
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| Klee (Trifolium, Medicago, Trigonella) | Der Hülsenfrüchtler verbessert den Boden, indem er ihn mit den Wurzeln lockert und mit Knöllchenbakterien Stickstoff anreichert. Klee schliesst Lücken in einer Grasfläche sehr schnell und ist sehr trittfest. | rot, weiss, gelb oder hellblau, von April bis Oktober |
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| Oregano, Dost (Origanum) | Hauptsächlich als Küchenkraut bekannt, aber auch ein prima Bodendecker, der im Gegensatz zum Majoran winterhart ist. Um das Tritterlebnis nicht zu schmälern, nicht zu stark verholzen lassen. | rosa, von Juli bis September |
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| Römische Kamille (Chamaemelum nobile) | Duftet herrlich, gelegentliches Betreten ist kein Problem, eignet sich jedoch nicht als Fussballplatz. Bildet ein dichtes und aromatisch duftendes Polster. | weiss, von Juni bis September |
Gibt es auch als Sorte «Römische Teppich-Kamille», die keine Blüten ausbildet, sondern nur sich schnell ausbreitende Bodentriebe.
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| (Kriechende) Polei-Minze (Mentha pulegium (repens)) | Bei dieser Minze wird vom Verzehr abgeraten, sie duftet aber herrlich intensiv und ergibt ein sattes, grünes Polster. | blasslila, von Juli bis September |
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| Sternmoos (Sagina subulata) | Gehört nicht zu den Moosen, sondern den Mastkräutern, im englischen als «Irish moss» bekannt. Ist trittfest, allerdings etwas sensibler als Kräuter. Das Sternmoos ist mattenbildend mit immergrünen Blättern und frosthart. | weiss, von Juni bis August |
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| Fiederpolster (Leptinella squalida) | Der kriechende Bodendecker bildet einen dichten Teppich und bleibt auch im Winter in seiner schönen grün-braunen Farbe. Er erlaubt gelegentliches Betreten und wird nur etwa 5 cm hoch, muss also nicht gestutzt werden. | hellbraun, von Juni bis Juli |
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| Bodendeckende Veilchen (z. B. Viola sororia oder Viola odorata) | Veilchen sind anspruchslose Bodendecker, die durch ihre Ausläufer schnell kleinere Flächen einnehmen können. | violett, weiss oder andere von März bis Mai und September |
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Will man wegen Kinderfüssen einen bienenfreien Alternativrasen, kann man die Kräuter auch vor der Blüte abmähen. Das erhöht den Aufwand etwas, ist aber immer noch geringer als bei Zierrasen, da dieser nicht ständig bewässert werden muss. Dabei sollte man einzelne Bereiche, wie beispielsweise am Rand oder kleine Inseln, stehenlassen. Dies dient als Insektennahrung und ermöglicht es der Pflanze, sich zu vermehren.
Soll der Rasen umgenutzt werden, reicht es leider nicht, einfach ein paar frische Samen dazwischen zu streuen. Man hat entweder die Möglichkeit, den Rasen weniger intensiv zu pflegen (weniger mähen und düngen), um den natürlich vorkommenden wildwachsenden Pflanzen eine Chance zu geben. Dann wächst auch gleich, was zum Standort passt. Dies braucht etwas Geduld, funktioniert aber mit dem kleinstmöglichen Aufwand.
Will man eine höhere Vielfalt erreichen oder hat konkrete Wünsche an Pflanzen, muss der Rasen abgetragen und die oberste Schicht (ca. 15 cm, mit einer Grabgabel) etwas aufgelockert werden. Danach kann die Mischung ausgesät und etwas angedrückt werden. Anschliessend muss nur noch sichergestellt werden, dass in den nächsten Wochen ausreichend Feuchtigkeit herrscht.
Als schonendere Variante für die Bodenlebewesen empfiehlt sich die No-Dig-Methode, bei der nicht gegraben wird. Dafür beginnt man bereits im Herbst. Der Rasenbereich, der umfunktioniert werden soll, wird mit einem Stück Karton abgedeckt. Darauf kommen eine Schicht Komposterde und etwas organisches Material, wie zum Beispiel Brennnesseln. So bekommt der Rasen über den Winter kein Licht und weicht von selbst. Der Karton zersetzt sich im Laufe der Zeit und bereitet den Boden auf die Frühlingsaussaat vor. Dazu gibt es von uns auch einen Blogbeitrag mit Bildern.
Natürlich funktioniert auch eine Mischung der oben genannten Varianten. Man kann beispielsweise an einigen Stellen etwas Rasen abtragen und Kräuter setzen. Danach begibt man sich auf den Beobachtungsposten und schaut, wie sie den Platz langsam einnehmen.
Lesetipp: «Die Rasen-Revolution» von Ulrike Aufderheide