Biologische Pflanzenschutzmittel für den naturnahen Garten

Gärtnern ohne Chemie

Pestizide im Garten geraten immer mehr in die Kritik. Ist es immer schlecht, ein Pflanzenschutzmittel zu spritzen? Schöne und gesunde Pflanzen oder schädlingsfreie Ernten erfordern gewisse Massnahmen – teilweise Pflanzenschutzmittel.

Eine Alternative zu konventionellen Pestiziden bieten Bio-Pflanzenschutzmittel.

 

Positive Effekte

Dank biologischen Schutzmitteln gesundes, starkes und schmackhaftes Gemüse ernten.

Auch im Biogarten kann manchmal nicht auf den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln verzichtet werden. Sinnvollerweise versucht man mit der Sortenwahl, Kulturmassnahmen, mechanischem Schutz oder vorbeugenden pflanzenstärkenden Massnahmen Schädlinge und Krankheiten in Schach zu halten. Dadurch kann viel erreicht und ein korrigierender Eingriff stark reduziert werden. Trotz dieser Massnahmen braucht es in einem Biogarten hin und wieder Pflanzenschutzmittel.

In einem Biogarten werden nicht irgendwelche Mittel gespritzt, sondern biologische Pflanzenschutzmittel. Aber was sind biologische Pflanzenschutzmittel?

Die 4 Hauptgruppen von biologischen Pflanzenschutzmitteln

Pflanzenextrakte

Wie der Name schon verrät, handelt es sich hier um Mittel, welche aus Pflanzen gewonnen werden. Solche Extrakte können als wirkungsvolle Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden.

Ein Beispiel ist das Azadirachtin, welches aus dem Samen des Neem-Baumes gewonnen wird. Der Wirkstoff wirkt effizient gegen verschiedene saugende Schädlinge wie zum Beispiel Blattläuse. Das Mittel baut sich innerhalb weniger Tage ab und da es natürlichen Ursprungs ist, sind auch die Abbauprodukte unbedenklich.

Natürliche und naturidentische Stoffe

Hier handelt es sich um Stoffe, welche in der Natur in dieser Form vorkommen und entweder direkt aus der Natur gewonnen werden oder künstlich in gleicher Form erzeugt werden.

Dazu gehört zum Beispiel das Kaliumbicarbonat. Das ist ein Salz, welches in Backtriebmitteln (Backpulver) vorkommt und vorbeugend gegen Pilzkrankheiten eingesetzt wird. Es hindert die Pilzsporen daran, erfolgreich zu keimen und ins Blatt einzudringen.

Mikroorganismen

Viren, Bakterien oder Pilze klingen für uns gefährlich, da sich unter ihnen auch Krankheitserreger für den Menschen befinden. Diese Krankheitserreger können jedoch sehr spezifisch wirken.

Ein Virus, das uns krank macht, wird die Blattläuse im Garten, wenn wir sie anniesen, nicht ebenfalls krank machen. Umgekehrt kann man spezifisch wirkende Krankheitserreger von Schädlingen nutzen und damit den Schädling bekämpfen.

Ein Beispiel ist der Apfelwickler, der Wurm im Apfel. Wenn man nichts gegen ihn unternimmt, können bis zu 80% der Äpfel wurmstichig sein. Hier bekämpft man den Apfelwickler mit dem natürlichen Krankheitserreger, dem Apfelwickler-Granulosevirus.

Der Apfelbaum wird mit den Viren bespritzt, bevor die Larven sich in den Apfel einbohren. Die Larven kommen in Kontakt mit dem Virus, werden daraufhin krank und sterben daran. Der Virus wirkt hochspezifisch, das heisst er befällt praktisch keine anderen Tiere und hat bei uns Menschen überhaupt keine Wirkung.

Auch nützliche Marienkäferlarven, Bienen, Raubmilben oder andere auf dem Apfelbaum gern gesehene Tiere werden nicht beeinträchtigt. Man nimmt sozusagen mit der Pinzette den Schädling aus der Pflanze und lässt alle anderen Lebewesen unbeschadet. Der Virus baut sich mit UV-Licht und Sauerstoff sehr schnell ab und hinterlässt keine Rückstände.

Makroorganismen

Hierzu zählen alle grösseren Organismen – sogenannte Nützlinge –  die man zur Schädlingsbekämpfung nutzen kann. Sie ernähren sich von Schädlingen und fressen diese oder parasitieren deren Gelege und Nachkommen wie Larven.

Ein bekanntes Beispiel sind die fleissigen Marienkäfer. Die Larven des einheimischen Zwei-Punkt-Marienkäfers (Adalia bipunctata) kommen nicht nur natürlicherweise in unseren Gärten vor, sondern man kann sie auch gezielt gegen Blattläuse aussetzen.

Die Larven und Käfer fressen die Blattläuse und suchen aktiv nach neuen Futterquellen, wenn keine Kolonien mehr an der ehemals befallenen Pflanze zu finden sind. Dadurch hat man keine Rückstände auf den Pflanzen, muss keine Wartezeiten einhalten und es ermöglicht eine gezielte Behandlung.

Neben dem Marienkäfer gibt es eine Vielzahl an Organismen wie Florfliegenlarven, Schlupfwespen, Raubmilben und Raubwanzen, die man gegen Schädlinge einsetzen kann.

Unterschied zu konventionellen Mitteln

Bei der Entwicklung von chemischen, synthetischen Insektiziden wurden häufig natürlich vorkommende Stoffe verwendet und in ihrer molekularen Form chemisch leicht abgewandelt. Dies hatte zum Ziel, eine längere und breitere Wirkung zu erreichen.

Eine längere Wirkung scheint auf den ersten Blick positiv, denn damit ist die Pflanze länger vor Fressfeinden geschützt. Doch je länger ein Mittel wirksam ist, desto langsamer baut es sich ab und bleibt somit länger auf der Pflanze, in der Ernte und im Boden. Von dort gelangt es in unsere Bäche, Seen und Flüsse oder sogar in unser Trinkwasser. Ein schnell abbaubares Pflanzenschutzmittel bringt daher enorme ökologische Vorteile.

Eine breitere Wirkung heisst, dass viele Schädlinge mit einem einzigen Pflanzenschutzmittel bekämpft werden können. Klingt verlockend, aber je breiter ein Mittel wirkt, desto mehr schadet man nicht-schädlichen oder sogar nützlichen Insekten.

Will man Blattläuse bekämpfen, sollten nicht gleichzeitig die natürlichen Blattlausjäger wie Marienkäfer, Florfliegen und weitere Schaden nehmen. Genauso wenig die Insekten aus der «Bestäuberwelt», wie zum Beispiel Bienen, welche für eine reiche Ernte sorgen.

Deshalb ist das vermeintliche Glück von einem Pflanzenschutzmittel, das jährlich nur einmal gespritzt werden muss, trügerisch. Neben den Schädlingen werden viele andere Insekten, die dem Garten und den Pflanzen Gutes tun wollen (Nützlinge) ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen – während der gesamten Wirkungsdauer.

Die Lösung gegen Schädlinge und Krankheiten sind gezielt wirkende und schnell abbaubare Bio-Pflanzenschutzmittel, bei welchen auch die Abbaustoffe keinen Schaden verursachen.

Der naturnahe Biogarten bietet vogelfreundliche Zonen für Futter und Nestbau - Blaumeisen an Nisthilfe bei der Aufzucht

Positive Effekte von biologischem Pflanzenschutz

  • Eine gesunde Ernte ohne Rückstände von Pflanzenschutzmitteln
  • Ein Garten mit vielen fleissigen Helfern – den Nützlingen –, welche die Schädlinge in Schach halten
  • Ein lebendiger Garten als Beitrag zur Biodiversität
  • Ein Boden, welcher nicht von Chemikalien belastet wird und fruchtbar bleibt
  • Man trägt dazu bei, dass unsere Gewässer nicht belastet werden

Für eine gesunde Umwelt, gesunde Pflanzen und eine gesunde ertragreiche Ernte.

Biologische Pflanzenschutzmittel (Auszug) aus unserem Sortiment

Andermatt Biogarten - Die Autor:innen unserer Gartenthemen stellen sich vor - RaSw

Gesunde Pflanzen und eine gesunde Ernte schliessen nicht aus, dass der Garten auch ein Lebensraum für Insekten, Vögel etc. sein kann. Für Ralph ist es traurig zu sehen, dass in manchen Gärten Früchte, Beeren und Gemüse stärker mit chemischen Pestiziden belastet sind als im Laden.

Dieser Artikel soll ein bisschen mehr Licht auf die Bio-Pflanzenschutzmittel werfen und deren Wirkungsweise zeigen.

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