BIOGARTEN-BLOG | Claudia's Rezepte aus Garten, Wald und Wiese
Es ist herrlich, ein paar Stunden im Wald zu verbringen. Die Natur tut gut und es gibt viel zu entdecken. Etwas zu sammeln gehört für meine Kinder und mich immer mit dazu, wenn wir draussen sind. Aus Naturmaterialien wird gebastelt und aus essbaren Sammeleien wird ein Gaumenschmaus. Beides erinnert zu Hause an den Waldbesuch. Mit nur 4 Zutaten kann man einen feinen Tannschössli-Aufstrich zubereiten; eine Zutat davon kommt aus dem Wald. Also rein in die Gummistiefel und auf ins Abenteuer Wald.
Im Frühling leuchten an Rot- und Weisstannen frische, hellgrüne Triebspitzen, auch Schössli genannt. Mit diesen Trieben wächst der Baum jedes Jahr ein paar Zentimeter. Im Vergleich zum Rest des Nadelbaumes sind sie ganz weich und zart. Sie verfärben sich mit der Zeit von hellgrün zu dunkelgrün und verholzen wie der Rest des Nadelbaums.
Etwa von Ende April bis Ende Mai, solange die Schössli diese hellgrüne Farbe haben, kann man sie sammeln und daraus einen feinen Tannschössli-Aufstrich einkochen. Er eignet sich für vielfältige Verwendungszwecke. Auf einer Scheibe Brot schmeckt er köstlich, im Müesli versüsst er das Frühstück und im Tee erfreut er die erkältete Person. Denn Schössli enthalten wertvolle Inhaltsstoffe wie Vitamin C und ätherische Öle und haben eine schleimlösende und entzündungshemmende Wirkung.
Die Herstellung des Aufstriches erfolgt über zwei Tage mit wenigen Zutaten. Am ersten Tag werden die Schössli gesammelt und daraus einen Auszug gemacht, der über Nacht ziehen muss. Am zweiten Tag wird der Auszug zum Tannschössli-Aufstrich eingekocht.
Der Tannschössli-Aufstrich begleitet mich seit meiner Kindheit. Ich habe ihn mit meiner Mutter bereits zubereitet, als ich kaum über den Pfannenrand hinaus sah. So liegt es auf der Hand, dass ich jetzt – ein paar Jahre später – dieses Rezept auch mit meinen Kindern wieder zubereite. Das Schöne daran: Wir machen einen Ausflug in den Wald, stellen in der Küche gemeinsam etwas her und geniessen den Aufstrich am Familientisch. Die Kinder können bei allem wunderbar mithelfen – nur beim Kochen und Abfüllen ist Vorsicht geboten. Das macht ein Erwachsener.
Ein rundum gelungenes Projekt, welches ein Stückchen Kindheitsgeschichte schreibt und so bei den Kindern in schöner Erinnerung bleibt. Aber bevor es los geht, noch ein kleiner Abstecher zu den Wald-Knigges.
Das Gesetz erlaubt das Sammeln von nicht geschützten Pflanzen in kleinen Mengen zum Eigengebrauch. In Naturschutzgebieten gelten strengere Regeln, dort bitte nicht sammeln. Wer den Waldbesitzer kennt, fragt am besten nach. Selbstverständlich ist, dass man sich achtsam durch den Wald bewegt und die Natur respektiert. Von jedem Nadelbaum werden nur wenige Schössli gepflückt, um den Baum nicht zu schädigen. Plant also einen grossen Waldspaziergang ein. Junge Bäumchen lässt man ganz sein, um sie nicht beim Wachsen zu stören. Wir pflücken Schössli ab einer Höhe von ca. einem Meter ab Boden, um nicht diese zu ernten, die Tiere beim Gassigehen erreichen.
Meine Kinder und ich schlüpften in Stiefel und Matschhose und machten uns eingesprüht mit Zeckenspray und einer Schüssel unter dem Arm auf in den Wald. Unser Ziel: 6 Kinderhände voll Tannschössli (oder 3 gefüllte Erwachsenenhände). Es können Schössli von Rot- und Weisstannen verwendet werden. Auf keinen Fall Spitzen von der Eibe, diese sind giftig. Nur das sammeln, bei dem man sich sicher ist, dass es das Richtige ist.
Als die benötigte Menge gesammelt war, wollten wir noch lange nicht heim ;-) Die Kinder fanden noch allerlei Sammeleien, die in die Hosentaschen gesteckt wurden. Oder wie wär's mit hinsetzen und ein paar Minuten den Geräuschen lauschen? Oder auf dem Waldboden ein Mandala aus gesammelten Tannzapfen legen?
Wieder zu Hause bitte nicht vergessen: alle Sammler:innen auf Zecken kontrollieren. Und dann kann es weitergehen mit dem Rezept:
Für 8 Gläser à 2 dl
Haltbarkeit: Kühl und dunkel gelagert mind. 1 Jahr. Kristallisiert der Aufstrich, stelle ich das Glas in ein heisses Wasserbad.
Tipp: Der Aufstrich ist auch ein schönes Geschenk zum Geburtstag oder Weihnachten
Dauer:
Das Einkochen dauert relativ lange, die Zeit gilt als ungefähre Angabe. Denn jeder Herd kocht etwas anders und je nach verwendeter Stufe dauert's kürzer oder länger.
Farbe:
Anfangs ist die Mischung hellbraun und wird zum Ende hin immer dunkler. Siehe Foto rechts. Beim Umrühren schäumt es stark, dieser Schaum ist zuerst weiss und wird zunehmend brauner.
Probe nehmen:
Gegen Ende der Einkochzeit nehme ich gerne ein paar Proben, um die richtige Konsistenz zu überprüfen. Erst nach vollständigem Auskühlen sieht man die effektive Konsistenz. Ist der Aufstrich nach dem Abfüllen zu dünn oder zu dick, wäre dies ärgerlich. Darum lohnt sich die Probe. Dafür gebe ich einen Unterteller in die Tiefkühltruhe und lasse ihn kalt werden. Dann gebe ich einen Klecks aus der Pfanne darauf und lasse ihn vollständig abkühlen (ebenfalls im Tiefkühler). Ist die Probe noch zu flüssig, wird der Aufstrich für weitere 10 Min. gekocht. Die richtige Konsistenz ist erreicht, wenn die ausgekühlte Probe honigartig ist und nur langsam wieder zusammenläuft, wenn man mit dem Finger durch die Probe fährt.
Gläser vorbereiten und Abfüllen:
Gläser und Deckel lose in einer Pfanne mit kochendem Wasser ein paar Minuten auskochen. Sind die Gläser im Geschirrspüler gereinigt worden, sollte dies auch ausreichen – Deckel hingegen koche ich vorher immer aus. Dann stelle ich die Gläser vor Zugluft geschützt auf ein grosses Schneidbrett. Abtrocknen tue ich nur die Deckel. Die Gläser wärme ich vor dem Abfüllen sowieso wieder vor, dazu gebe ich kurz vorher heisses Wasser in jedes Glas. Somit laufe ich weniger Gefahr, dass ein Glas beim Abfüllen der kochend heissen Masse zerspringen könnte. Ich lege mir einen frischen, sauberen Lappen bereit und sobald der Aufstrich langsam fertig eingekocht ist, fülle ich die bereitgestellten Gläser mit heissem Wasser und leere sie anschliessend wieder aus. Heisse Gläser am besten mit einem Lappen anfassen. Nun sofort den eingekochten Aufstrich einfüllen. Sollte etwas auf den Rand gekommen sein, wische ich es mit dem Lappen weg. Nun werden die Gläser noch mit dem Deckel verschlossen – dazu nehme ich gerne ebenfalls den Lappen in die Hand, denn es ist eine heisse Angelegenheit.